Auf meinen mittäglichen Spaziergängen fahre ich gern mit der U6 zwei Stationen Richtung Kreuzberg, quasi in meine alte Heimat, steige Kochstraße aus und spaziere selbige westwärts bis zum Plus-Markt, wo ich dann was zu essen oder so einkaufe.
Dabei komme ich stets an dieser äußerst stillen Dame vorbei, die vor einem kleinen Modeladen abseits der Besucherströme des Checkpoint Charlie auf Kunden wartet und ab und zu sogar ihr Outfit ändert.
Irgendwie verzaubert sie einen, diese postmoderne Circe, sodass man quasi als verwandeltes Schweinchen durch die schmutzigen grauen Gänge des Plusladens wandert und sich ob der Wirkung von ins Straßenbild integrierter Schaufensterpuppen und, natürlich, der eigenen Vergänglichkeit irgendwelche wirren, unzulänglichen Gedanken macht und dabei zwischen Melancholie und Euphorie ziellos umherirrt.
I saw pale kings and princes too,
Pale warriors, death-pale were they all;
They cried—“La Belle Dame sans Merci
Hath thee in thrall!”
Ach, John Keats und sein unsterbliches Poem.
Natürlich mangelt es der schönen Plastikdame an Mitleid, möchte man sagen, es mangelt ihr ja zwangsläufig an allem Menschlichen.
Außer an der Gabe, Melancholie zu erzeugen.
Ist ja auch was.
Wünsche schönes Frühlingserwachen allerseits
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